Weinbau in Edenkoben

Vom Wein geprägt

1250 Jahre Edenkoben - 2000 Jahre Wein

Wir wissen ja, schon zur Römerzeit wurde in der Pfalz Weinbau betrieben, wie der Weinhistoriker Bassermann-Jordan bekundet, nach dessen Forschungen der Weinbau bald nach Eindringen der Römer eingeführt worden ist. Schon zur Römerzeit also schwanken unsere Vorfahren die Becher und riefen auf römisch „DA VINUM MI" („Gib mir Wein‘), „VINUM BIBE“ (‚Trink Wein‘), „VINUM VIRES“ (‚Wein gibt Kraft“), „GAUDEAMUS“ („Lasst uns fröhlich sein”), „ESCIPE QUE FERIMUS FELICIA MUNERA LIBERI UTERE FELIX" („Nimm entgegen die köstlichen Gaben des Bacchus, die wir bringen‘) und — wenn sie sich dem schweigenden Genuss des Freudenbringers hingeben wollten —: „LINQUITE VERBA, VIRI, VINO CONTENDITE LAETI“ („Lasset genug sein der Worte und schwinget nun fröhlich den Becher“). (Von römischen Weingefäßen.)

Der Edenkobener Weinbau hatte somit schon bei Beginn der nachweisbaren Geschichte der Stadt das beachtliche Alter von etwa sieben Jahrhunderten! Wobei füglich angenommen wird, dass bei uns tatsächlich bereits, in römischer Zeit der Wein eingeführt wurde. Die Lorscher Beurkundung von 769 bezeugt ja keine Anfänge, sondern das Vorhandensein eines Gemeinwesens und das Vorhandensein des Weinbaus — wie Dr. Johann Josef Hermann Schmitt in seiner „Geschichte der Stadt Edenkoben in der Pfalz“ (1897) schreibt:
„.. es schenkte nämlich eine Frau Landrat in Edenkoben zum Heile ihrer Seele 769 dem hl. Nazarius in Lorsch einen in der Edenkobener Gemarkung gelegenen Hof. Drei Jahre später (772) schenkte die fromme Frau dem Kloster Lorsch 10 Morgen in derselben Gemarkung; ein fürstliches Geschenk aber machte die Frau Landrat dem hi. Nazarius im Jahre 776 mit einer Kirche in der Edenkobener Gemarkung .., Gleichzeitig schenkte sie dem Kloster zwei Huben mit Höfen, Wald, Wiesen, Weinbergen (!), Gewässern, Häusern und Gebäuden, außerdem noch 19 Wein, berge (!) und einen Hof, und in der Böbinger Gemarkung eine Hube.“

Immerhin haben wir für das nahe Diedesfeld Beweisstücke in Gestalt zweier Rebmesser griechischer Form (gefunden in einem Weinberg zwischen Diedesfeld und Hambach, heute im Speyerer Weinmuseum). Nicht verschwiegen werden darf allerdings, dass - wie Bassermann-Jordan schreibt - „Eine zeitliche Bestimmung mangels datierbarer Begleitfunde nicht möglich war”. Indessen gibt es andere Funde, die Rückschlüsse gestatten, so zum Beispiel die beiden Winzermesser aus einer beim Alemanneneinfall (um 260 n.Chr.) zerstörten Villa zwischen Kerzenheim und Rodenbach, ferner die 1945 bei Lingenfeld im Hausrat eines römischen Küfers gefundenen Küferwerkzeuge (Fasszirkel, Schneidmesser und Dächsel) und das dort ebenfalls gefundene Winzermesser, alles datiert für die Zeit kurz nach 350 n, Chr. Einen wichtigen Hinweis auf Weinbau zur Römerzeit in der Edenkobener Gemarkung verdanken wir Friedrich Sprater in seiner Schrift zum Speyerer Weinmuseum (1947), wo er schreibt: „Jedenfalls erfolgte die Ausbreitung des Weinbaus zur Römerzeit zunächst an den römischen Straßen; in der Pfalz ist demnach dem Weinbau an den Rheinufern, der noch im späteren Mittelalter sehr ausgedehnt war, dasselbe Alter wie dem Weinbau am Haardtgebirge zuzuschreiben. Edenkoben liegt indessen genau an der im „Pfälzischen Geschichtsatlas“ eingetragenen Römerstraße entlang der Haardt. Dabei stört uns nicht, dass dort die Straße als „vermutet“ geführt wird. Verkehrsgeographisch sind nur hier die Voraussetzungen für eine Straßenführung entlang dem Gebirgssaum gegeben.

Es ist nicht gesagt, dass nicht eines Tages auch In der Edenkobener Gemarkung entsprechende Römerfunde gemacht werden können. Also Augen auf bei Rodungen in altem Wingertsgelände, beim Haus- und Straßenbau, und zwar besonders nach starken Regenfällen, wenn die aus der Erde gekommenen Gegenstände blankgewaschen sind.

Dass der Weinbau in der Pfalz — und damit auch im Edenkobener Raum — „nahezu 2000 Jahre heimisch ist“, dieser Ansicht ist auch Dr. Otto Roller in dem 1968 zur Feier des 125jährigen Bestehens der Industrie und Handelskammer für die Pfalz herausgekommenen Buch „Beiträge zur pfälzischen Wirtschaftsgeschichte.‘' Roller führt auch die Vermutung an, der Weinbau in der Pfalz habe sogar bereits in vorrömischer Zeit bestanden. Er schreibt: „Es ist schon mehrfach die Vermutung geäußert worden, dass der Weinbau im linksrheinischen Germanien kein italienischer Weinbau sei, sondern griechischer, der von den Phokäern in ihren südgallischen Kolonien heimisch gemacht, sich von der dort aus über Gallien ausgebreitet habe und auch unsern Raum erreichte.“

2019 feierte Edenkoben sein 1250 jähriges Bestehen als nachweisbares Gemeinwesen. Weinbau und Weinfröhlichkeit gehören seit Urzeiten zusammen, seit Menschen an der Haardt wohnen. Kommt die Naturschönheit des Pfälzer Landes hinzu und die Schönheit der Winzerdörfer. Aus all dem resultiert die Harmonie von Menschen, die ein langes geschichtliches Dasein und Bewusstsein aufzuweisen haben und ein festes Heimatgefühl in sich tragen.

Aus der Landschaft wächst der Frohsinn. Schließlich sind pfälzische Fröhlichkeit und Geselligkeit auch Zeichen uralter geschriebener und ungeschriebener Demokratie, in dem nämlich das Volk selbst sich diese Herzensverfassung gegeben hat. Sie ist Ergebnis seiner Verbundenheit mit eigengeschichtlichen Werten, die noch alle geschichtlichen Mächte überdauert haben und alle kommenden überdauern werden. In zweitausendjähriger Weinerziehung ist der Pfälzer von heute geworden wie er ist. Der Wein hat ihm in guten und schlimmen Zeiten das Herz stark gemacht und das Leben leichter — wenn auch die Arbeitsleistung oft übermenschliche Kräfte forderte.

Denken wir daran, dass die Geschichte des Weines noch weit älter ist, dass der Kreislauf des Weines, wie ihn Pfalzfreund Viktor von Scheffel besungen hat, sich bald zweitausendmal gerundet hat:

Aus der Traube in die Tonne,
Aus der Tonne in das Fass,
Aus dem Fasse, o Wonne,
In die Flasche und ins Glas.
Aus dem Glase in die Kehle,
In den Magen, in den Schlund,
Und als Geist dann in die Seele,
Und als Wort dann in den Mund!

Aus dem Worte etwas später
Formt sich ein begeistert Lied
Das durch Wolken in den Äther
Mit der Menschen Jubel zieht.
Und im nächsten Frühjahr wieder
Fallen dann die Lieder fein
Als ein Tau auf Reben nieder,
Und sie werden wieder Wein.

(Hans Reetz)